Hauspost 12-2013

Hauspost 12 2013 17 – Kulturarbeit

Kultur ist Kreativität ist Kultur

Ein Essay von Sabine Amelung und Jürgen Hatzenbühler

Wir gehen in ein Konzert, wir besuchen Lesungen, hören Hörbücher, lesen selbst, wir schauen Filme, gehen in Ausstellungen, betrachten Bilder, Skulpturen, wir reisen, wir essen, wir arbeiten, wir erziehen, wir sind vernetzt und Teil von sozialen Gemeinschaften. Wir sammeln Tag für Tag unzählige Informationen, die es gilt zu verarbeiten.

Jona vor einem Werk Martin Eckrichs

Das geht Menschen in jedem Alter so. Kinder spielen, bewegen sich, erzählen, tanzen, singen, malen, suchen Geborgenheit, grenzen sich ab, wollen wachsen, brauchen Zeit und Raum, sich frei zu entwickeln. Jugendliche sind gerne für sich, manchmal auch gerne alleine, bestimmen ihr Leben immer mehr selbst, probieren aus, lösen sich und binden sich, suchen Idole, entdecken eigene Stärken und Schwächen, lernen diese zu akzeptieren und zu nutzen, haben Ziele, wollen es anders machen, sind spontan. Erwachsene schaffen Systeme, legen Regeln fest, um miteinander umzugehen, um wirtschaftliches Handeln zu ermöglichen, um Versorgung zu gewährleisten, um Familien zu schaffen, um Freiheit zu gewähren, um Verantwortung zu tragen, um Lebensqualität zu erreichen, die so unterschiedlich definiert wird, wie jeder von uns ist.

Kulturarbeit ist wie ein Werkzeug, das Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit zusammenbringt. Sie stellt einen Wert dar, der Gemeinschaft im täglichen Zusammenleben fördert, der zu Kreativität auffordert, zu Achtsamkeit, zu Flexibilität, der jedem eine Chance gibt, sich gemäß der eigenen Fähigkeiten, mit all seinen Unzulänglichkeiten und Begabungen einzubringen, ein Wert, um festgefahrene Strukturen und Systeme zu überdenken, um einen Fortschritt voran zutreiben, ohne die Wurzeln zu verlieren, der Lebensqualität erhöht und so zu entspanntem und anregendem Miteinander geleiten kann.

Kreativität, soll heißen, die Fähigkeit, an den Stellen, in den Situationen, an denen wir vermeintlich nicht weiter kommen, an denen wir meinen, uns im Kreis zu drehen, den Funken aufzunehmen, der uns von irgend woher anfliegt, sei es durch den Blick zum Nachbarn, durch das Überdenken bereits verinnerlichter Erfahrungen, sei es durch einfaches Ausprobieren, immer aber durch Motivation angetrieben, ist die Eigenschaft, die jeder in sich trägt, selbst wenn er meint, dass dies nicht für ihn zutreffen würde.

Für Kinder ist Kreativität keine Frage, sie sind es, solange sie nicht ohne kindgerechte Erklärung in ihrem Tun eingeschränkt werden, solange sie durch zuträgliche Rückmeldung erleben können, was gut und schlecht bedeutet, solange sie immer wieder ausprobieren dürfen, bis sie das Erfolgsgefühl verinnerlicht haben, ein Urvertrauen in die eigenen Fähigkeiten entwickeln, die auf Vergrößern angelegt sind.

Für junge Menschen bedeutet Kreativität eine Möglichkeit, besonderes Können zu verstärken, Erfolgserlebnisse zu übertragen auf noch Unbekanntes, sich einen Platz im System zu suchen oder zu schaffen, oder einfach nur zu finden, sich gehenlassen zu können, ohne sich zu verlieren, zueinander zu kommen und individuell zu bleiben, sich kennenzulernen und Mut zu entwickeln.

Für Erwachsene ist Kreativität unentbehrlich, wenn sie in ihrem alltäglichen Tun nicht nur funktionieren wollen, wenn sie Nischen und Lücken finden müssen, in denen sie ganz sie selbst sein können, wenn sie Ruhezonen und –zeiten einrichten müssen, um die Kraft zu erhalten, wenn sie im Team arbeiten und die Fähigkeiten aller nutzen wollen. Wie schwer es ist, die mangelnde oder verloren geglaubte Kreativität wieder zu finden, ist uns allen gewahr, wenn wir merken, dass wir auf der Stelle treten.

Wir als Gesellschaft müssen Kreativität fördern und entwickeln, wir müssen dafür sorgen, dass wir offen miteinander umgehen, dass wir hören, sehen, handeln und lassen, dass wir uns dieses Gutes bewusst werden und es schützen, um mit Rücksicht und Anerkennung aufeinander zuzugehen.

Einen Beitrag zur Förderung im Bereich Kreativität hier im Gemeinwesen leisten wir, in dem wir über unsere künstlerischen Fähigkeiten Lust und Spaß am Umgang mit Gestaltung vermitteln in den verschiedenen Zusammenhängen wie Malschule in Kooperation mit Jugendkunstschule, Erwachsenenbildung, Seminare als Teil von Veranstaltungsreihen wirtschaftlicher Unternehmen, Kultursommer, Sommeratelier, Kunst-Camp, Spectaculum, sowie durch all die helfenden und beratenden Tätigkeiten bei der Bildung von Kultur-Netzen. Wir begegnen den Menschen, die sich für diese Förderung entscheiden mit Dankbarkeit, da, wir genau wie sie, immer wieder neu lernen durch das Zusammentreffen, den Austausch, durch die Aufgaben, durch die Erfahrung, unsere eigene Kreativität zu entwickeln.

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